Kinder mit AD(H)S sind besonders. Sie haben oft besonders ausgeprägte Fähigkeiten, können aber auch besonders gut mit Fehlverhalten auffallen. Die Erziehung dieser besonderen Kinder stellt meist eine große Herausforderung dar. Darum sind die meisten Familien mit AD(H)S-Kindern über Hilfe, Verständnis und Unterstützung dankbar.
Aber sich selber helfen... Wie soll das denn bitte funktionieren und was soll das überhaupt bringen?
Wer sich darauf einlässt, Selbsthilfe zu betreiben,
Eine ADHS-Selbsthilfegruppe bietet einen guten Rahmen für wertvollen Erfahrungsaustausch und nützliche Hilfestellungen zum Umgang mit AD(H)S in der Familie.
Selbsthilfe-Tipps zum Umgang mit einem ADHS-Kind:
1. Positive und liebevolle Grundhaltung gegenüber dem Kind.
2. Klare Regeln und deutliche Strukturen schaffen
Klare Regeln und weniger Ver- und Gebote. Kein "Vielleicht". Kurze prägnante Sätze. Feste und vor allem verlässliche Strukturen schaffen. Nur eine Handlung einfordern und nicht mehrere Anforderungen stellen.
3. Statt vom Problem zu sprechen, lieber "du schaffst das" sagen
Erkennen Sie den Unterschied dieser zwei Aussagen? "Du bist schon wieder zu laut, das stört, lass das sein" oder aber positiv ausgedrückt "Ich weiß, du schaffst es auch mit leiser Stimme zu sprechen, dann kann ich dir besser zuhören". Es lohnt sich, möglichst häufig positive Formulierungen zu verwenden, auch wenn das nicht immer einfach in extremen Stresssituationen umzusetzen ist. Jede Bemühung zählt und ist viel Wert.
4. Fehlverhalten verzeihen
Dem Kind das Fehlverhalten nicht nachtragen, auf die positiven Momente des Tages achten, ohne Streit ins Bett gehen.
Ganz wichtig: Impulsive Handlungen, Wutattacken oder Opposition nicht auf sich beziehen, da Fehlverhalten oft aus Unsicherheit resultiert. Ein Kind sollte gerade nach solchen Momenten verstärkt Zuneigung und Liebe spüren. Die Devise lautet: Möglichst lange und so oft es nur geht gelassen bleiben.
5. Stärken wahrnehmen
Jedes Kind hat viele seine Stärken und besondere Fähigkeiten. Es tut allen gut, wenn die Stärken in den Vordergrund gestellt und immer wieder (auch dem Kind) bewusst gemacht werden. Es kann helfen, die Stärken und Fähigkeiten - möglichst auch zusammen mit den Geschwistern - zu sammeln, aufzuschreiben, auszusprechen und immer wieder bewusst darauf aufmersam zu machen.
6. Nicht nur Erfolge, sondern bereits die Anstrenungsbereitschaft loben.
7. Auf bekannte Reaktionen verzichten.
Wenn Verhaltensweisen des Kindes immer wieder zu Ärger, Streit und Vorwürfen in der Familie führen, dann kann es hilfreich sein, völlig neu und unerwartet zu reagieren.
Ein Beispiel: Ihr Kind motzt nur rum und beschwert sich über das Essen, das Sie nach einem langen Arbeitstag gekocht haben. Statt sich zu ärgern, lächeln Sie kurz und loben das Kind, da es so klar seine Meinung ausdrücken kann. Essen Sie mit Genuss weiter.
8. Belohnungspläne vereinbaren und einhalten.
Eine hilfreiche Methode ist es, ein "Problemverhalten" klar zu benennen und dann das daraus resultierende gewünschte Verhalten als "Ich schaff das"-Ziel zu vereinbaren. Ein Beispiel: "Ich schaffe das, am Tisch sitzen zu bleiben, bis alle aufgegessen haben."
Über ein Punktesystem kann das erreichte Ziele mit kleinen Sachen belohnt werden (Eis, Kino, Freund einladen, Essen aussuchen, Spieleabend und Kind darf alleine bestimmen...). Je nach Schwierigkeitsgrad des "Ich schaff das-Ziels" könnten die Belohnungen unterschiedlich wertvoll ausfallen.
9. Regelverletzungen konsequent und klar begründet begegnen.
Zeitlich und logisch zusammenhängende Konsequenzen zum Fehlverhalten sind wichtig. Zum Beispiel, wenn das Kind immer vom Tisch aufsteht, sollte es später alleine essen. Schimpfen und Machtsituationen vermeiden. Klarheit, Geduld und Ruhe hilft.
10. Konsequenz ist nicht Härte.
Was heute verboten ist, muss auch morgen verboten sein. Sich nicht selber im Handeln zu widersprechen, das ist für regelsensible Kinder sehr wichtig. Man kann auch auf liebevolle Art konsequent sein. Klare Ansagen und kurze Sätze helfen bei der Kommunikation mit dem Kind.
11. Freie Spielezeit eines Elternteils mit ADHS-Kind.
Für eine halbe Stunde am Tag darf das Kind über das Spiel und die Regeln ganz alleine bestimmen. Der Erwachsene oder sogar die ganze Familie machen mit.
12. Klare, verständliche Aufforderungen.
Besser wäre es, eine klare Aufforderung zu formulieren: "Ich erwarte von dir, dass du hier und jetzt deine Jacke aufhängst". Wenn der Aufforderung trotzdem nicht nachgekommen wird, dann kann es empfehlenswert sein, so lange mit gemeinsamen Aktivitäten zu warten, bis die Aufgabe erledigt wurde oder zu prüfen, ob es eine alternative Handlungsoption gibt (z.B. Jacke mitnehmen).
Sind die Kinder bereits im Jugendlichenalter, dann benötigen Aufforderungen schon mal einen längeren Weg, bis diese im Gehirn angekommen sind. Darum kann es sinnvoll sein, einen zeitlichen Handlungsspielraum einzuräumen. Ein Beispiel: "Ich erwarte, dass du bis zur Fernsehzeit heute abend dein Zimmer aufgeräumt hast".
13. Fehlverhalten, Wut, Motzerei nicht persönlich nehmen.
Motzige und böse Worte darf man sich trotz allem Ärger nicht zu Herzen nehmen. Das motzige Kind sucht Halt, Verständnis und Klarheit bei den Eltern und richtet seine Worte gegen die Rolle, die man als Eltern nun mal einnehmen muss. Ein ADHS-Kind findet oft keinen anderen Weg sich auszudrücken und braucht die Eltern als Vorbild.
Wenn man als Elternteil merkt, dass man trotz aller guten Vorsätze nicht mehr ruhig und gelassen reagieren kann, dann hilft z.B. bis 10 zählen, den Raum verlassen oder etwas völlig Unerwartetes tun. Wirklich wichtig ist es, nicht mit Worten oder Taten in die Konfrontation zu gehen, sondern lieber ruhig die Situation zu verlassen. Es kann sehr hilfreich sein, dem Kind mitzuteilen, dass man jetzt die Situation verlässt, um nicht noch ärgerlicher zu werden.
14. Seien Sie bitte immer wieder stolz auf sich,
wenn Sie es schaffen, einen dieser Tipps bei der Erziehung Ihres AD(H)S-Kindes zu berücksichtigen und dadurch schaffen, aus einem Streit-Hamsterrad auszubrechen!
Die hier genannten Tipps entstammen